Kenia 2012
Im Gegensatz zu manch anderen Dingen im Leben, die sich niemals verändern, entdeckt man die Schönheit der Wildnis immer wieder neu und anders.
Es ist das erste Mal, dass wir selber in die Maasai Mara fahren und alleine campen wollen.
Mit einem Landcruiser, Campinggeschirr, reichlich Wasser und Essen, einem Zelt auf dem Autodach und vor allem ganz viel Abenteuerlust im Gepäck, machen wir uns morgens um 6 Uhr von Nairobi aus auf den Weg.
Wir freuen uns, dem Gewusel der Stadt zu entfliehen und " nach Hause " zu kommen.
Vier Tage unendliche Weiten, nur unterbrochen durch Akazien, vier Tage nur wir, umgeben von den Tieren und der Natur, die wir so lieben.
Schon der Weg dahin wird für uns zu einer ersten kleinen Bewährungsprobe. Da wir ohne Navigationsgerät fahren und es auch nur wenig Strassenschilder in Afrika gibt, verlassen wir uns auf die Karte. Ziemlich schnell müssen wir aber feststellen, dass auch diese kein zuverlässiger Helfer ist, da die für uns relevanten Strassen erst gar nicht eingezeichnet sind.
Doch trotz ein oder zwei verpasster Ausfahrten, finden wir unseren Weg und gelangen schliesslich auf die letzte Hürde vor der Mara. 60 km holprige, mit Schlaglöchern versehene Sandpiste. Das ganze Auto mit Insassen wird durchgeschüttelt und gerüttelt, die Körper spannen sich an, um sich überhaupt im Sitz zu halten und sich nicht die ganze Zeit den Kopf zu stossen.
Gegen 15 Uhr haben wir es geschafft, wir sind am Musiara Gate, der Eingang zu unserem Paradies, zu einem kleinen Flecken Erde, der unsere Herzen höhen schlagen und die Augen leuchten lässt. Ein Platz, der uns das Gefühl gibt, angekommen, daheim zu sein.
Wir haben ein bisschen Mühe, den kleinen Platz am Fluss zwischen den Bäumen wieder zu finden, doch noch vor Einbruch der Dunkelheit sind wir da.
Ein bisschen unbeholfen, nicht ganz sicher, was wir jetzt als erstes in unserer neuen Funktion als "Wildcamper" machen sollen, stehen wir erst einmal am Fluss und geniessen die Ruhe und den Wind, der über die Ebene weht und alle Gedanken fortträgt.
Wir staunen über die vielen Tiere, mit denen wir offensichtlich unseren Schlafplatz teilen. Direkt unten im Fluss bereiten sich die Nilpferde schon auf das nächtliche Grasen an Land vor. Die Paviane, die den ganzen Tag auf dem Boden verbracht haben, verschwinden mit lautem Geschrei auf die Bäume, um uns von oben zu beobachten. Und dann die Elefanten, die friedlich grasend, wie die Dschungelparade aus Mogli, an uns vorbeimarschieren.
So langsam fangen wir an, uns häuslich einzurichten. Zelt aufrichten, ein gemütliches Feuer, Wein, Bohnen und Brot, unser Glück liegt in der Einfachheit.
Die erste Nacht ist spannend, es ist nicht unheimlich, im Gegenteil, es ist still und friedlich. Die Laute in der Dunkelheit, unverfälscht und echt, die Stimmen des Lebens und wir sind mittendrin. Es ist stockdunkel, doch die unzähligen Sterne, klar und leuchtend, sind unsere Laternen.
Wir verschlafen den Sonnenaufgang, der Tag hatte schon ohne uns begonnen, als wir die Köpfe aus dem Zelt streckten.
Es war also kein Traum gewesen, wir waren dort, an dem Ort, an dem wir wir waren, ohne Verkleidungen, ohne die Rollen, die einem im Alltag auferlegt werden. Die Verwandlung hatte begonnen, vom Haben zum Sein.
Nicole Romdane